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UGW-Forum 2023: Altersvorsorge – wie erreichen wir «netto null»?

Donnerstag, 23. November 2023

Die Babyboomer-Generation erreicht das Pensionsalter, die Lebenserwartung steigt und die erwerbsfähige Bevölkerung wird bald in der Minderheit sein. Diese Entwicklungen stellen unsere Vorsorgewerke vor grosse Herausforderungen. Der Reformbedarf ist unbestritten. Doch wie lassen sich unsere Altersvorsorgeeinrichtungen sichern?

Dieser Frage gingen die Referenten Andri Silberschmidt, Nationalrat FDP, und Dr. Veronica Weisser, Ökonomin und Vorsorgeexpertin sowie Leiterin des Vorsorge Innovation Hubs der UBS Schweiz, am 18. UGW-Forum nach. 

von Lukas Aecherli, rivedia.com

Entscheidende Weichenstellungen am 3. März 2024

Am 3. März 2024 komme es zum Altersvorsorge-Super-Sunday, meint Silberschmidt. «Die Schweizer Stimmbevölkerung wird sowohl über die Renteninitiative der Jungfreisinnigen wie auch über die Initiative für eine 13. AHV-Rente der Gewerkschaften abstimmen.» Unterschiedlicher könnten die zwei Abstimmungsvorlagen nicht sein: Erstere will die 1. Säule unserer Altersvorsorge auf finanziell gesunde Beine stellen, indem das Rentenalter in einem ersten Schritt auf 66 Jahre erhöht und anschliessend an die Lebenserwartung gekoppelt wird. Zweitere sieht eine 13. AHV-Rente für alle und damit Mehrausgaben in Milliardenhöhe vor. «Wer das finanziert, sagt die Initiative nicht», kritisiert Silberschmidt, und meint weiter: «Das ist verantwortungslos.»

Vielmehr setzt er auf die Renteninitiative, die er 2019 noch als Präsident der Jungfreisinnigen Schweiz mitlancierte. «Diese sichert die AHV-Finanzen nachhaltig.» So dürfe Nachhaltigkeit nicht nur in der Ökologie ein Thema sein, sondern müsse auch bei unseren Vorsorgewerken Geltung haben. Diesem Verständnis folgend, folgte das Parlament einem Vorstoss Silberschmidts und definierte ein Netto-null-Ziel für die AHV im Jahr 2050.

Andri Silberschmidt, Nationalrat und Unternehmer: Einsatz für Nachhaltigkeit auch in der Altersvorsorge

Im Sinne der Nachhaltigkeit seien auch die Alternativen zur Renteninitiative wenig versprechend: Finanzierung über höhere Steuern, womit uns Mehrwertsteuersätze bis zu 12 Prozent drohten. Eine Erhöhung der Lohnbeiträge, womit die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer stärker belastet würden. Oder die Erschliessung alternativer Finanzierungsmöglichkeiten wie Gelder von der Nationalbank, was einer systemfremden Finanzierung entspräche und die strukturellen Probleme der AHV nicht berücksichtigt.

Für Silberschmidt ist deshalb klar: «Die Renteninitiative ist die nachhaltigste Lösung.» Daher brauche es am 3. März 2024 ein deutliches Ja zur Renteninitiative und ein klares Nein zur Initiative für eine 13. AHV-Rente.

Mit falschen Narrativen aufräumen

Die Renteninitiative bietet der Schweizer Stimmbevölkerung die Möglichkeit, den Reformstau eines Vierteljahrhunderts zu überwinden. Während die AHV in den ersten knapp 50 Jahren ihres Bestehens durchschnittlich alle fünf Jahre reformiert wurde, liegt die letzte grosse AHV-Revision – abgesehen von der Mini-Reform «AHV 21» und der Steuerreform und AHV-Finanzierung (STAF) – 28 Jahren zurück. Mitunter ein gewichtiger Grund dafür ist gemäss Dr. Veronica Weisser, dass sich die Altersvorsorge «in den Fesseln veralteter Narrative» befinde.

Veronica Weisser, Ökonomin und Vorsorgeexpertin, Leiterin Vorsorge Innovation Hub UBS Schweiz

Lese man die gängigen Medien, könne man leicht den Eindruck gewinnen, den Rentnerinnen und Rentnern in der Schweiz gehe es schlecht. Doch das Gegenteil sei der Fall: «Personen ab 65 Jahren verzeichnen die tiefste Quote der materiellen Entbehrung» und hätten weitaus die grössten Vermögen. Zudem seien die Renten in der Schweiz so hoch, dass das Vermögen gar nicht aufgebraucht werden müsse. Dass der Irrglaube, den Rentnerinnen und Rentnern gehe es schlecht, vorherrsche, sei auf die vom Bundesamt für Statistik erhobene Armutsquote zurückzuführen. Diese basiere allerdings auf dem Einkommen ohne Berücksichtigung allfälliger Vermögensbestände. Veronica Weisser sagte: «So kann es sein, dass Milliardäre unter die Armutsquote fallen – völlig absurd!» 

Weiter herrsche das Narrativ vor, wir würden sehr viel arbeiten und hätten uns die Rente verdient. Gemäss Weisser zeigt jedoch der Blick in die Fakten: Wir arbeiten nur noch an 26 Prozent  der Tage unseres Lebens – verglichen mit 37 Prozent im Jahr 1955. Der Rest entfalle auf die Kindheit, die Schule und Ausbildung, auf Wochenenden und Ferien sowie auf den Ruhestand. Mehr noch: Während bei der Einführung der AHV im Jahr 1948 auf durchschnittlich 44 Erwerbsjahre 13 Bezugsjahre folgten, sind es heute bei gleichbleibenden 44 Erwerbsjahren 24 Bezugsjahre. «Das kann nicht aufgehen!»

Deshalb ist auch für Weisser klar: «Es braucht endlich nachhaltige und generationengerechte Lösungen.» 

Geschäftsführer Christian Bretscher im Gespräch mit Veronica Weisser und Andri Silberschmidt

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